Sie werden es lieben, ihn zu hassen

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sofie Avatar

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„Sebastian Bergman, Kriminalpsychologe: Sie werden es lieben, ihn zu hassen!“ Diesen Satz findet man als Überschrift zum Klappentext von „Der Mann, der kein Mörder war“. Ich kann nicht sagen, dass ich es geliebt habe Sebastian zu hassen, ich habe ihn noch nicht mal gehasst, meistens ging er mir nur gehörig auf die Nerven. Hjorth und Rosenfeldt versuchen mit dieser Figur eine Art Dr. House der Kriminalpsychologie zu schaffen, ein liebenswertes Ekel. Meiner Meinung nach ist ihnen das nicht gelungen, mir war am Anfang des Buches noch nicht einmal klar, dass Sebastian Bergman die Hauptfigur des Romans sein soll. Es wird zwar versucht zu erklären, warum er sich so verhält – seine Frau und Tochter kamen bei einem Tsunami ums Leben – aber auch durch diese Geschichte wirkt  er nicht überzeugender. Zum Ende des Romans bessert sich das ein wenig, Sebastian wird langsam menschlicher und vielleicht ist er in den folgenden Bänden leichter zu ertragen, ich werde es wahrscheinlich nicht herausfinden.

Denn es gibt noch mehr Probleme mit diesem Buch. Es tauchen viel zu viele Figuren auf, und alle haben sie eine Geschichte: da sind das Team, Torkel, der Chef, der ein Verhältnis mit Ursula hat, die wiederum verheiratet ist und ihren Mann an den Tatort einlädt. Dann gibt es Vanja, deren Vater gerade mit Krebs kämpft. Es gibt Haraldson, einen örtlichen Polizisten, der auch an dem Fall arbeitet und dabei versucht, seine neue Chefin zu beindrucken und außerdem unbedingt seine Frau schwängern will. Und auch seine Chefin, Hanser, hat eine Geschichte, ihr Sohn starb bei einem Unfall. Und das sind immer noch nicht alle Figuren. Durch diese vielen Schicksale verliert man das eigentliche Schicksal – das des Opfers des Mordfalls, um den es hier ja eigentlich gehen sollte – völlig aus den Augen und dadurch geht auch die Spannung verloren. Um all diese Schicksale und Geheimnisse erklären zu können, wird auch ständig die Perspektive gewechselt, was ich besonders bei den Teambesprechungen verwirrend fand. Eben folgen wir noch Vanjas Gedankengängen, im nächsten Satz schon wieder Sebastians und zwei Sätze weiter denen von Torkel. Man fühlt sich wie in einem schlecht geschnittenen Film.

Hinzu kommt, dass auch noch der CSI-Effekt eintritt: dem Leser werden offensichtliche Zusammenhänge noch einmal auf dem Silbertablett serviert. Ein Beispiel: „ ‚ Ich habe auch ein Fahrtenbuch gefunden. Interessanterweise ist eine Fahrt an dem Donnerstag vor Rogers Verschwinden verzeichnet, die nächste jedoch erst wieder am darauffolgenden Montag. Aber dazwischen fehlen siebzehn Kilometer.‘ ‚Also hat jemand das Auto irgendwann zwischen Freitag und Montagvormittag benutzt und ist siebzehn Kilometer damit gefahren?‘, fragte Torkel.“ (S. 506) Vielen Dank für diese Nachfrage, darauf wäre ich alleine nicht gekommmen…

Viele der Probleme hängen natürlich damit zusammen, dass es sich um den Anfang einer Reihe handelt und daher erst einmal alle Personen und ihre Hintergrundgeschichten eingeführt werden müssen. Trotzdem sollte das Buch aber auch für sich selbst stehen können, der Kriminalfall sollte die Handlung tragen, aber das ist leider nicht der Fall. Ich habe mich ziemlich durch das Buch quälen müssen.