noch fünf Sterne für Urlaub, gutes Essen und Spaß am Leben

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elke seifried Avatar

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„heute ist der große Tag meiner zweiundzwanzigjährigen, ältesten Tochter. Nein, sie heiratet nicht, sie eröffnet ein Cook-up-Restaurant.“

In einer halben Stunde kommen die Gäste zur großen Eröffnungsfeier, doch leider hat es Geli mit dem Putzen ein bisschen zu gut gemeint und so heißt es nun „Meine Tochter liegt auf dem kalten, harten Küchenfußboden, ein Bein seltsam verrenkt, die Haare zerzaust und– das ist das Allerschlimmste– wimmernd vor Schmerzen, die ich ihr sofort abnehmen würde, wenn ich nur könnte.“ Die Zutaten sind zwar alle vorbereitet, die Rezepte liegen bereit, aber es gilt. »Bedauerlicherweise können aber weder meine Schwester noch ich kochen, und dummerweise ist unser Aushilfskoch auch noch verschollen.« Welch ein glücklicher Zufall, dass sich unter den geladenen Gäste auch Marc, einer der erfolgreichsten Unternehmensberater für Hotellerie und Gastronomie europaweit, befindet, dem der Arzt nach einer Panikattacke dringend eine Auszeit verordnet hat, verbunden mit dem Tipp, »Sie kochen doch so gern, wäre das nicht etwas Passendes? Kochen ist auch eine Art Meditation.« und der sich mit Spazierengehen, Fernsehen und Nichtstun, latent unausgelastet fühlt. Kurzerhand bietet er sich an, sich anstelle der gestürzten Liv, die mittlerweile mit einem Oberschenkelhalsbruch im Krankenhaus liegt, in die Küche zu stellen, und für das Eröffnungsmenü zu sorgen und nicht nur dafür.

Als Leser darf man aus Sicht Sophies und Marcs erleben, wie sich die beiden schon auf Mallorca über den Weg laufen und erste Funken fliegen, wie es dann dazu kommt, dass er in Livs Cook Up Restaurant am Herd landet und wie bei beiden immer mehr Gefühle füreinander entstehen, die deren beider Leben gehörig aus den eingefahrenen Spuren bringen. Ob aus den beiden mehr wird, Sophie ihre Trauer überwindet, zu ihren Gefühlen steht, neben den Kindern auch einmal an sich denkt und ob Marc je wieder einer Frau vertrauen und sich darauf besinnen kann, was er eigentlich am liebsten macht, wird ebenso wenig verraten, wie was aus dem Restaurant Projekt wird.

Der kurzweilig, lebendige Schreibstil der Autorin liest sich locker, leicht und die angenehm kurzen Kapitel sind im Nu verschlungen. Sie lässt die Geschichte im Wechsel aus der Ich -Perspektive von Marc und Sophie erzählen, was den Leser nicht nur über das eine oder andere Missverständnis genau im Bild, sondern beiden und ihren Gefühlen auch sehr nah sein lässt. Das sind natürlich optimale Voraussetzungen für einen solch locker, leichten Sommerroman, in dem nicht nur um gutes Essen und Urlaubsstimmung, sondern auch um eine zarte Romanze geht. Dem Leser wird der Wechsel der Perspektiven und auch das Zurechtfinden in den beiden unterschiedlichen Handlungsorten Mallorca und Hamburg leicht gemacht, da alle Kapitel mit Name und Ort überschrieben sind. Die Autorin beschreibt mit vielen Bildern und Vergleichen, was einen so richtig ins Träumen bringen lässt und das Kopfkino anwirft. Wer hat einen „Pablo macht seinem Namen alle Ehre: Er ist klein, rundlich und hat kaum noch Haare auf dem Kopf. Anstelle des quer gestreiften Shirts seines kreativen Namensvetters trägt er einen bodenlangen Kaftan, den man auch getrost als Jutesack bezeichnen kann. Wieso ausgerechnet ein Mann der Leithammel eines Workshops ist, der »Frauen malen auf Mallorca« heißt, ist mir schleierhaft.“, nicht sofort lebendig selbst vor Augen? Gut hat mir auch gefallen, dass ich immer wieder auch mal schmunzeln durfte, wofür unter anderem Geli und Pauli mit ihren Kommentaren und Wortwechseln gesorgt haben. »Nimmst du dafür den Feudel, den du anhast?«, fragt Pauli und grinst sich eins. Geli trägt einen buntgemusterten Minirock aus Nicki, ein fliederfarbenes, hautenges Oberteil und Overknee-Stiefel. Geli, mein sexy Seventies-Girl. »Nein, zu wenig Stoff und nicht saugfähig genug«, kontert sie grinsend und zupft dann am Ärmel von Paulis Kleid. »Ich glaube, ich schnapp mir dafür lieber dein Outfit. Es ist doch aus Biobaumwolle, nicht wahr?«. Gut haben mir auch die zwischengeschobenen, pointierten Bemerkungen zu Themen der Zeit gefallen, wie z.B. „Tsunami gegensätzlicher Gefühle übermannen äh, überfrauen zu lassen (ganz schön kompliziert, dieses gendergerechte, politisch korrekte Vokabular. Und wie lautet dann eigentlich die dritte Option? Überdiversen?).“

Sophie, die immer noch unter dem Verlust ihres geliebten Ehemannes leidet war mir von Anfang an super sympathisch. Eine Frau, die für ihre Kinder alles gibt, familiär, die nicht etepetete, sondern einfach aufgeschlossen und auf dem Boden der Tatsachen ist, das ist genau meines. Auch Marc ist kein Draufgänger, sondern ein Mann auf den Verlass ist und der konnte sofort bei mir punkten. Amüsante Ergänzung ist sicher Sophies Schwester Geli, die so verzweifelt auf der Suche nach einem Mann an ihrer Seite ist. Richtig gut hat mir auch der geheimnisvoll gezeichnete Spritzenkoch Enrique gefallen, der genauso herzlich ist wie seine Ehefrau.

Die Autorin nimmt einen mit vor Ort, klar auch mit nach Hamburg, aber hauptsächlich doch mit auf Mallorca. „Auf der Insel hervorragender Weine, saftiger Feigen, pikanter Kapern, Bio-Olivenöl aus Caimari, Formatges Burguera, Käse aus der Nähe von Campos und dem flor de sal, der Salzblume, wie das Würzmittel aus den Salines de Llevant genannt wird. Ein kulinarisches Paradies, basierend auf den Möglichkeiten, die das Eiland zu bieten hat. Mallorca schmeckt nach Land und Meer, eine ganz wunderbare Mischung.“. So darf man dort natürlich auch die eine oder andere Sehenswürdigkeit sehen, in Palma shoppen gehen oder auch mit Marc z.B. zum Lebensmittelkauf in die Mercat de L’Olivar 1, die Fischhalle Palmas gehen und sich dort beim Anblick von silbrig glänzenden Seehechten, den inseltypischen Felsmuscheln, Taschenkrebsen und Langusten in den Kühltresen der Markthalle einen wässrigen Mund holen. Klar heißt es da auch »Hola, Marc, cómo estás?« was ein »Muy bien, gracias« zur Antwort bekommt und so mit immer wieder eingeschobenen Katalanischen bzw. Spanischen Phrasen ebenfalls fürs Urlaubsfeeling sorgt. Sehr gut gefällt mir auch, dass die Autorin dabei durchaus auch immer wieder auf Missstände aufmerksam macht, wie z.B. dass „Miguel entstammt einer Familie, die seit Generationen vom Fischfang lebt. Trotzdem muss sein Warenangebot durch Zukäufe aufgestockt werden, denn auch die Gewässer Mallorcas sind größtenteils leer gefischt. Ich antworte: «, und widme mich meinem Vorhaben. In Urlaubsfeeling versetzt auch die ansprechende Vignette, die mit Tapas und Wein mediterranes Flair verbreitet und immer den Kapitelbeginn verziert.

„Sophie– Palma de Mallorca Kunst kommt von Können »Die Kunst ist, zu akzeptieren, dass man nicht alles können kann«, findet Sophie. »Aber man kann es zumindest versuchen«, widerspricht Geli“ Sophies Kapitel beginnen allesamt mit einem Sprichwort, das von ihr, ihrer Schwester oder ihren beiden Töchtern kommentiert wird, was mir gut gefallen. Marcs Kapitel ist immer eine Auflistung seines Kühlschrankinhalts vorangestellt.

Erwähnenswert sind vielleicht auch noch die zahlreichen Rezepte, die sich im Anhang befinden, sodass man als Leser nicht nur von den lecker zubereiteten Gerichten träumen muss, sondern sich auch selbst damit verwöhnen kann.

Alles in allem ein locker, leichter und durchaus ans Herz gehender Wohlfühlroman, der zwar keine Überraschungen in petto hatte, mir aber schöne entspannte Lesestunden bereitet, mir ein bisschen den Mund mit guter Küche wässrig gemacht und mich in den Urlaub träumen lassen hat. Genau das habe ich mir erwartet und bekommen, deshalb gibt´s auch noch fünf Sterne.