...jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich

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Ein unheimlich starker, autobiografisch inspirierter Roman, schonungslos ehrlich und schmerzhaft aus kindlicher Wahrnehmung erzählt. Zwischen den Kapiteln eingeschoben wird der gedankliche Verarbeitungs- und Auseinandersetzungsprozess der Autorin sichtbar gemacht, die die Ereignisse klar aus gegenwärtiger, erwachsener Perspektive analysiert. Diese Gegenüberstellung zeigt eindringlich, wie tief verankert solche Erfahrungen sind, und wie nachhaltig sie das Leben eines Menschen prägen.

Die Lektüre von „Lügen über meine Mutter“ war erschreckend nah, persönlich und beklemmend für mich, da ich in so vielen Szenen meine eigene Familie wiedergesehen habe. Entgegen dem Zitat von Tolstoi sind auch meine Familienmitglieder auf eine erschütternd ähnliche Weise unglücklich. Von den psychologisch aufschlussreichen Charakterzügen, gesellschaftlichen Grundannahmen zu Geschlechterrollenverteilung und Klassenunterschieden bis hin zu den fast exakt gleichen Worten, die genutzt wurden, um die Macht des Patriarchats zu halten, von einem eigentlich so kleinen Mann, der in der großen Welt so gar keine echte Macht hatte, außer über die am nächsten stehenden Menschen, die er klein machte.

Ein Roman der aufwühlt, weh tut, wütend macht, aber auch ein bisschen Hoffnung zurücklässt.