Überzeugend und bewegend

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holzfrieden Avatar

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„Lügen über meine Mutter“ hat mich sehr beeindruckt. Bereits die Leseprobe fand ich sehr überzeugend. Der makabere Einstieg, in dem die Protagonisten darüber nachdenkt, dass ihre Mutter in keinen Sarg passt, weil sie zu dick ist bzw. such zu dick findet, hat mich sehr neugierig auf die weitere Handlung gemacht. Wir steigen ein im Jahr 1983. Man sollte denken, dass zu diesem Zeitpunkt die Frauen schon sehr emanzipiert waren. Wenn man dieses Buch allerdings liest, merkt man, wie stark noch die Dominanz der Schwiegereltern besonders auf die Schwiegertochter zu spüren ist. Die Protagonistin berichtet in Zwischenkapiteln von ihren Gedanken zu ihren Eltern. Das gibt diesem Buch eine besondere Note. Die Mutter der Protagonisten trägt sich ihr Leben lang mit ihrem Körpergewicht in Gedanken herum, nicht etwa, weil sie sich selber nicht schön findet, sondern weil ihr Mann ein besonderes Schönheitsideal von ihr erwartet, von dem er sogar seinen beruflichen Erfolg beeinflusst sieht. Dadurch kommt es logischerweise zu vielen Konflikten, in denen die Mutter immer selbstbewusster wird, und sich so eigentlich alles komplett dreht. Der Ehrmann selber scheint davon aber nichts zu bemerken. Die Tochter, die zunächst aus ihrer Perspektive als Siebenjährige berichtet, merkt nach und nach, dass es nicht Schwarz und Weiß gibt, sondern dass die Zwischentöne im Leben wichtig sind. Das alles erfolgt in einer erfrischend schönen Sprache, die mich dieses Buch so richtig genießen lässt. Ein Buch, das zudem sehr nachdenklich macht.