Ein Justizirrtum?

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zoe2018 Avatar

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Nordirland, im Januar 1961. Die 19-jährige Pearl wird nach einer Tanzveranstaltung grausam ermordet. Sie war nackt, wurde brutal geschlagen, erstochen und schließlich erwürgt. Der Täter scheint für alle schon festzustehen: Robert McGladdery. Inspektor McCrinks kehrt nach 20 Jahren in London in seine Heimat Belfast zurück und ermittelt...

"Requiem" ist eine fiktive Geschichte zu einem realen Fall. Ich mag die düstere und geheimnisvolle Atmosphäre Irlands. Auch der sachliche Erzählstil hat mir schon bei der Leseprobe gefallen. Denn menschliche Dramen, insbesondere, wenn sie auf Fakten beruhen, interessieren mich sehr.

Eoin McNamee hat darüber hinaus einen politischen Roman geschrieben. Neun Jahre zuvor wurde nämlich die Tochter von Richter Curran ermordet, damals ebenfalls 19. Ist daher ein fairer Prozess überhaupt möglich? Das Wort eines Richters - vor allem in den 60er Jahren - war Gesetz. Deshalb droht McGladdery nun die Todesstrafe.

Der Leser weiß also von Anfang an, wie die Geschichte endet. Dennoch gelingt es dem Autor Spannung aufzubauen. Der mit der Untersuchung beauftragte Eddie McCrinks ist schwach! Er spürt zwar, dass irgendetwas nicht stimmt, unternimmt aber nicht wirklich was.

Die Polizei, die Gesellschaft, der Richter... alle haben von Anfang an entschieden, dass Robert Pearl getötet hat und somit schuldig ist. Obwohl seine Schuld nie wirklich bewiesen wurde - es gab lediglich Indizien - wurde keine andere Möglichkeit in Erwägung gezogen.

Hinzu kam auch noch 'Pech': in England war die Todesstrafe bereits abgeschafft, in Nordirland aber eben noch nicht. In anderen Fällen war die Hinrichtung abgelehnt oder umgewandelt worden, so dass Robert einfach 'dran' war. Außerdem wollte sich Richter Curran hiermit für einen Sitz im Kronrat in London empfehlen...

Eoin McNamee kannte ich bisher nicht. 2001 hatte er bereits einen ähnlichen Roman über den Mord von Richter Currans Tochter geschrieben. Auch hier wurde wahrscheinlich der Falsche verurteilt, jedoch letztlich nicht gehängt.

Fazit: eine überaus dunkle, tragische Geschichte... ein äußerst interessantes, lesenswertes Buch, das einen nachdenklich zurücklässt!