Freigabe 16 oder 18

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dorothea Avatar

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Der Thriller Sorry von Zoran Drvenkar ist meisterhaft verzweigt und unglaublich brutal.

4 Freunde haben eine hervorragende Geschäftsidee. Sie entschuldigen im Namen ihrer Klienten. Diese moralisch fragwürdige Arbeit wird ihnen zum Verhängnis. Die Aufgabe heißt nun:" Entschuldigt euch bei einem Toten". Der aussichtslose Weg beginnt.

Die Freunde erleben herbe Rückschläge und Verluste. Sie glauben den Auftraggeber zu kennen, doch hört der Terror nicht auf.Die Protagonisten werden in ihren Facetten einzeln beleuchtet und jeder hat eine andere spannende Vergangenheit.

Zu Anfang der Geschichte wird der Leser mit "DU" angesprochen, was dazu führt, dass man automatisch mit dem Geschehen verbunden ist. "DU" begehst einen Mord, "DU" hattest eine grausame Kindheit und "DU" bist psychisch Krank. Eine schreckliche Vorstellung und man hofft, dass sich alles aufklärt. Durch die direkte Anrede bekommt man das Gefühl die Weiterentwicklung der Geschichte beeinflussen zu können. Hört man auf zu lesen, geht die Geschichte auch nicht voran und "DU" bist immer noch der Schuldige. Der Autor erreicht so, dass das weglegen des Buches unmöglich wird.

Insgesamt ist das Buch in VIII Teile unterteilt. Jeder Teil beginnt mit einem Blick in die Zukunft, mit einem "danach", wo alles Brutale bereits geschehen ist. Diese kurzen Frequenzen fügen sich erst zum Schluss zu einem Ganzen zusammen, so dass die Spannung erhalten bleibt.

Um alles besser zu verstehen, wirst "DU" an die Hand genommen und es werden dir Wolf, Tamara, Kris und Frauke vorgestellt, wie sie leben, lieben und arbeiten. Natürlich gibt es auch noch ein "davor", wo die Welt sich noch normal zu drehen scheint.Jedes "davor", "danach" und jede Person ist ein Kapitel, so dass der Leser alle Sichtweisen kennen lernt und sich kurz von dem "DU" lösen kann.

Die vielen unterschiedlichen Aspekte sind schwer zu verbinden und man kann nur mutmaßen, doch am Ende passen alle Puzzelteile ausnahmslos zusammen und ergeben ein perfektes, vollendetes Bild. Diese Zeitreisen ins "davor" und "danach" sind dem Autor sehr gelungen und machen den Thriller unter anderem zu einem einzigartigen Buch.Es dreht sich nicht um einen einfachen Mord mit unerwartetem Ende, sondern "DU" bist der Mörder und dadurch hin und her gerissen zwischen Verständnis und Hass.

Der Autor betritt einen sehr schmalen Grat, in dem er Kindesmissbrauch thematisiert. Die detaillierten Beschreibungen des Missbrauchs lassen den Atem stocken und man ist eigentlich gewillt nicht weiter zu lesen, doch möchte man die Schuld, dass "DU" es warst, nicht länger auf den Schultern tragen.Was der Leser zu lesen bekommt grenzt ans Paraphile und trotzdem wird man durch den außergewöhnlichen Schreibstil ans Buch gefesselt.

Letztendlich weißt du nicht mehr wer "DU" bist und es kommt zu einer unerwarteten Wende...