Am Ende zu britisch

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stephanus217 Avatar

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Dieses Buch fällt bereits äußerlich auf mit seinem tiefdunkelrot und schwarzen Einband. Der etwas morbide erste Eindruck wird noch verstärkt durch die weitere Covergestaltung mit der Arzneiflasche, vielleicht einer Giftflasche, und insbesondere den schwarz eingefärbten Buchschnitt.

Erzählt wird die Geschichte von Hannah Willis. Hannah, eine junge Frau, frisch getrennt, muss schnell einen Job finden, um zukünftig ihren Lebensunterhalt alleine zu sichern. Eine vernünftige Ausbildung hat sie nicht, so dass sie froh ist, eine Chance als Zeitungsreporterin bei der „The Stranger Times“ zu erhalten. Dass das keine „normale“ Zeitung ist, wird ihr schnell klar. Liegt doch der Schwerpunkt der Berichterstattung auf allen Merkwürdigkeiten, die das Leben zu bieten hat, je skurriler, desto besser. Heutzutage würde man sagen, dass es sich bei dieser Times um ein Fachblatt für Fake News, alternative Fakten und Verschwörungstheorien aller Art handelt.
Geleitet wird die Zeitung von einem verschrobenen, cholerischen Chefredakteur, der auch gerne mal zum Alkohol greift. Die restlichen Redakteure sind kaum besser.
Plötzlich lassen unerwartete Ereignisse den Verdacht aufkommen, dass einige der -eigentlich frei erfundenen- Storys doch real sein könnten. Das verwirrt und macht Angst; Hannah wird beauftragt, den Phänomenen auf den Grund zu gehen und plötzlich muss sie, die zufällige Reporterin, investigativ ermitteln...

Nette Geschichte, aber leider nicht der erhoffte Kracher. Die Buchidee hat mich sofort begeistert. Was wäre wenn... ist in den Tagen von Trump und co. ein faszinierender Ansatz. Hier hat der Autor einiges an Potential liegen gelassen. Das fängt schon damit an, dass man die Geschichte kaum einordnen kann; Satire, Roman, Comedie, Gesellschaftskritik, Polikkritik, man weiss es nicht so recht. Ein klares Bekenntnis hätte hier geholfen und auch der Story gut getan. Dazu kommt, dass die Geschichte fast bis zur Hälfte Anlauf nehmen musste, bis so etwas wie Spannung aufkommt – ich war mehr als einmal versucht, das Buch endgültig zur Seite zu legen.
Wirklich gestört haben mich aber die am Ende drei Punkte:
Die Charaktere sind doch ziemlich überzeichnet, das ist grundsätzlich an sich nicht negativ, hier bleiben aber stellenweise nur Karikaturen übrig, das ist zu viel des Guten.
Das gilt auch für die schon fast inflationären Aneinanderreihungen von auf Biegen und Brechen auf lustig getrimmten Szenen. Ein bißchen kommt es mir vor, dass der Autor für einen Gag oder eine absurde Szene alles andere über Bord wirft, da kommt wohl der Comedian durch.
Hinzu kommt schließlich noch, dass ich mit dem etwas anarchischen britischen Humor nicht wirklich etwas anfangen kann. Monty Python, Mr.Bean usw. finde ich nicht lustig....

Am Ende ist eine ordentliche, trotz allem originelle Geschichte rausgekommen, mit dieser brillanten Buchidee wäre aber mehr möglich gewesen.