Überfrachtet

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stephanus217 Avatar

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Als Krimifan freue ich mich immer, wenn mir ein (für mich) neuer Krimiautor über den Weg läuft. Wenn es sich dann auch noch um ein Erstlingsroman handelt, ist die Vorfreude besonders groß. Meine Erwartungen hat Seraina Kobler mit „Tiefes dunkles Blau“ allerdings nicht wirklich erfüllt.

Die Kriminalgeschichte ist schnell erzählt:
Die Protagonistin, Rosa Zombrano, hat sich erst kürzlich nach Zürich zur Wasserschutzpolizei versetzen lassen. Der Grund dafür bleibt aber unklar. Rosa hört bei sich die biologische ticken, weiß aber gar nicht, ob sie überhaupt einen echten Kinderwunsch hat und einen Partner hat sie im Moment auch nicht. So wendet sie sich an ihren Gynäkologen Dr. Jansen, um einen Vorrat Eizellen vorsorglich einfrieren zu lassen. Da wird Dr. Jansen tot aus dem See geborgen. Rosa, schockiert, da man sich auch persönlich näher gekommen war, will den Mörder unbedingt dingfest machen...

Viel mehr Krimi wird nicht geboten. Vielmehr geht es um Reproduktionsmedizin, Kinderwunschkliniken und um Gentechnologie; Dr. Jansen betrieb obendrein auch noch ein Bio-start-up. Daneben darf natürlich auch ein dubioses Gen-Labor nicht fehlen. Das alles wird natürlich „ethisch hinterfragt“. Das persönliche Umfeld unserer Protagonistin ist auch bezeichnend aktuell. Da gibt es den one night stand mit einem Kollegen, das nette schwule Pärchen in der Nachbarschaft, eine Schwester, die einen Biohof betreibt und die durchgeknallte Mutter, die jahrelang in einem indischen Ashram gelebt hat. Gefühlt hat die Autorin kein Klischee des aktuellen main-stream und darüber hitzig geführten Diskussion ausgelassen. Da wäre weniger mehr gewesen.
Und was das alles mit dem Krimi zu tun hat, hat sich mir nicht erschlossen.
Aber wer dann eben auf mehr „Zürich“ gehofft hatte, wird auch enttäuscht. Ich kenne Zürich und habe die Stadt im Buch nicht wieder gefunden und ich denke, dass Leser, die Zürich noch nicht kennen, nicht neugierig geworden sind.

Ich hatte gehofft, ein bisschen „WaPo Bodenseee“ am Zürichsee zu erleben oder an die Bodenseekrimis von z.B. John, Kärger oder Schlegel erinnert zu werden.
Beim ersten Versuch hat es noch nicht so ganz geklappt.